Erläuterungen

 

Radiologische Gefährdungslage:

Eine radiologische Gefährdungslage umfasst überregionale oder regionale Notfälle im Sinn des StrlSchG. Sie unterscheidet sich vom lokalen Notfall und dem Katastrophenfall. Diese Webseite ist nicht für den Katastrophenfall gedacht. Im Katastrophenfall gilt nur eines: Folge den Anweisungen der zuständigen Behörden und der Einsatzkräfte des Katastrophenschutzes.

In  einer radiologischen Gefährdungslage (vgl. die Auswirkungen, die Deutschland während des Reaktorunglücks von Tschernobyl 1986 betrafen) prasseln eine Unzahl von Daten und Bewertungen auf uns ein. Es ist schwer festzustellen, was davon glaubhaft, sachgerecht, übertrieben oder verharmlosend ist. Dazu fehlt den meisten von uns das Fachwissen. Außerdem haben wir Vorurteile gegenüber der einen oder anderen Informationsquelle.

Richtig vertrauen wir eigentlich nur uns selbst. Die Lösung besteht deshalb darin, im Notfall einen Maßstab parat zu haben, den wir schon einmal persönlich in Ruhe auf Plausibilität geprüft haben und dem wir daher trauen. Diese Webseite soll einen solchen Maßstab bereitstellen.

Im Notfall hilft uns ein solcher Maßstab, die Qualität von Informationen und Maßgaben abzuschätzen. Dazu muss man wissen, welche Größen einschließlich deren Maßeinheiten eine Rolle spielen, ob die kommunizierten Messwerte einen tatsächlich betreffen und welche Größenordnung sie haben im Vergleich zum vertrauten Maßstab.

Es reicht, drei Größen zu kennen:

Dosis, Dosisleistung, Aktivität.

Dosis:

Das Verstehen des Begriffs der Strahlendosis (kurz „Dosis“) ist nicht einfach. Dem kommt entgegen, dass es eine universelle Dosisgröße gibt, die meist zur Anwendung kommt und die in fast jedem Fall ausreichend aussagekräftig ist:

Effektive Dosis.

Die Maßeinheit ist das Sievert (Sv). Gebräuchlich sind Bruchteile davon:

mSv, µSv.

Die vom Körper aufgenommene Dosis (der Fachbegriff lautet deshalb "Körperdosis") ist entscheidend für die Bewertung einer Exposition und für Maßnahmenempfehlungen. Allerdings kann die Dosis nicht so einfach gemessen werden, erst recht nicht in einem überregionalen oder regionalen Notfall bei jedem Einzelnen.

Eine wichtige Besonderheit gilt für radioaktives Jod. Es reichert sich in der Schilddrüse an. Maßgebende Dosis ist hier nicht die effektive Dosis, sondern die „Folge-Organ-Äquivalentdosis“ für die Schilddrüse.

 

Dosisleistung, Ortsdosisleistung:

Die Dosisleistung gibt an, welche Dosis ich in welcher Zeit erhalte. Bin ich mit meinem Körper oder Körperteilen der Strahlung ausgesetzt, kann ich die Dosis, die ich persönlich erhalte, aus dem Messwert der Dosisleistung sofort ausrechnen. Ich brauch sie nur mit der Zeit multiplizieren.

Bin ich in einer großräumigen Gefährdungslage einer Bestrahlung von außen ausgesetzt, ist die Ortsdosisleistung maßgebend, die in meiner Umgebung herrscht. Sie ist - anders als die von ihr erzeugte Dosis - relativ einfach zu messen. Das machen Strahlenmessgeräte unmittelbar. In einer großräumigen Gefährdungslage mit einer weitgehend homogenen Ortsdosisleistung kann man das Produkt aus Ortsdosisleistung und Expositionszeit der effektiven Dosis gleichsetzen.

Die Maßeinheit ist das Sievert pro Zeiteinheit. Gebräuchlich ist:

µSv/h.

Dosisaufnahme durch Inkorporation:

Eine Dosis nimmt man nicht nur durch die Strahlung auf, die von außen auf den Körper einwirkt. Ebenso erhalte ich eine Dosis durch Zufuhr radioaktiver Stoffen mit der Atemluft und mit der Nahrung. Um die Dosis in einem solchen Fall zu bestimmen, muss man grundsätzlich u.a. wissen, um welche radioaktiven Stoffe es sich handelt und welche Menge oder Aktivität (s.u.) man davon aufgenommen hat. Die Berechnung ist schwierig. Auf dieser Webseite gebe ich lediglich „Faustformeln“ an. Diese gelten für „Spaltprodukte“ (s.u.), was in einer radiologischen Gefährdungslage einem realistischen Szenarium entspricht. Die Faustformeln sind „konservativ“, d.h. bei ihrer Anwendung werden die eigentlich maßgebenden Dosen nicht unterschätzt. Die solchermaßen abgeschätzten, durch Inkorporation erhaltenen Dosen entstehen nicht unmittelbar im Moment der Aktivitätszufuhr. Sie sind auf den Zeitraum hochgerechnet, welcher der Zufuhr folgt und während dessen die radioaktiven Stoffe im Körper verbleiben. Daher werden sie "effektive Folgedosis" bzw. bei Betroffenheit einzelner Organe "Folge-Organ-Äquivalentdosis" genannt.

 

Aktivität:

Die Menge radioaktiver Stoffe wird bestimmt durch die Maßeinheit:

Becquerel (Bq).

Gebräuchlich sind Vielfache davon:

kBq, MBq.

Aktivitätsangaben sind nur in Verbindung mit dem konkreten Vorkommen sinnvoll, z.B. Aktivität pro Fläche, Aktivität pro Kubikmeter, fallweise oder in konkreten Zeitabschnitten zugeführte Aktivität usw.

 

Spaltprodukte:

Radioaktive Spaltprodukte entstehen in einem Kernreaktor aus dem Kernbrennstoff (Uran oder Plutonium). Anders als der Kernbrennstoff selbst, sind bestimmte Spaltprodukte flüchtig und können sich bei einem Unfall über weite Strecken ausbreiten.

Spaltprodukte sind insbesondere radioaktives Krypton (Kr), Strontium (Sr), Zirkon (Zr), Molybdän (Mo), Ruthen (Ru), Tellur (Te), Iod (I), Xenon (Xe), Cäsium (Cs), Barium (Ba), Cer (Ce), die ihrerseits wieder radioaktive Zerfallsprodukte haben können.

 

Bei Szenarien, wo mit einer Inkorporation auch von Kernbrennstoffen zu rechnen ist,  besonders über die Atemluft, sind die Faustformeln dieser Webseite nicht anwendbar.